Vergleich der beiden 1-Liter-Flaschen granini Trinkgenuss Orange und ihre inhaltliche Zusammensetzung vor und nach der Umstellung
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Verbraucherzentrale Hamburg prangert Skimpflation bei granini Getränk an

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Weniger Qualität: Wie "Skimpflation" Verbraucher täuscht

Mit allen möglichen Tricks versuchen vor allem Lebensmittelhersteller, Konsumenten in die Irre zu führen. Eine Methode: Skimpflation, also Produkte mit weniger Qualität zum selben oder gar erhöhten Preis anzubieten. Beispiele gibt es auch in Bayern.

Die englische Wortschöpfung aus "skimp" (knausern, sparen) und "inflation" (Inflation, Geldentwertung) wird verwendet, wenn Hersteller minderwertigere und deshalb billigere Zutaten verwenden – während sie gleichzeitig den Preis dafür beibehalten, wenn nicht sogar erhöhen. Und das so geschickt, dass die Konsumenten häufig gar nicht bemerken, dass sie für dasselbe Geld weniger Qualität bekommen. Die Verbraucherzentrale Hamburg prangert aktuell ein besonders drastisches Beispiel von "Skimpflation" an.

Orangensaft "Mogelpackung des Monats Mai"

Die 1-Liter-Flasche "granini Trinkgenuss Orange" ist für die Verbraucherschützer aus der Hansestadt die "Mogelpackung des Monats Mai". Warum? Wer jetzt zu dem Getränk greift, bekommt einen Orangennektar mit nur noch 50 Prozent Fruchtsaftanteil. Vor der Umstellung enthielt die Flasche 100 Prozent Fruchtsaft.

Der Orangensaftanteil wurde vom Hersteller also halbiert. Stattdessen wurde das Getränk mit Wasser gestreckt. Und zudem mit mehr Zucker versehen. Am Preis änderte sich aber laut Verbraucherzentrale aktuell nichts.

Das Ergebnis ist, bezogen auf den gekauften Orangensaft-Anteil, eine Preiserhöhung um 100 Prozent. Kleines Detail: Die auf dem neuen Etikett abgebildete Orange ist größer als auf dem alten Etikett, obwohl genau davon jetzt weniger drin ist.

Skimpflation auch bei bayerischen Anbietern

Die Verbraucherzentrale Hamburg führt eine ständig aktualisierte Liste von Produkten, bei denen sich die Qualität der inhaltlichen Zusammensetzung verschlechtert hat. Darauf finden sich auch Lebensmittel bayerischer Hersteller und Anbieter.

Die in Oberbayern ansässige Adelholzener Alpenquellen GmbH hat den Fruchtgehalt ihrer Apfelschorle von 55 Prozent auf 50 Prozent gesenkt. Die "Arche Sweet & Sour Sauce" des Anbieters Universnatur aus Landsberg am Lech enthielt früher ausdrücklich kein Wasser oder Verdickungsmittel, inzwischen schon. Beim "Brunch"-Brotaufstrich des Kemptener Produzenten Edelweiss GmbH & Co. KG wurde der Rahmanteil von 72 auf 66 Prozent reduziert, der (günstigere) Magermilchjoghurtanteil stieg im Gegenzug von 23 auf 28 Prozent.

Hinweise "verbesserte Rezeptur" genau prüfen

Skimpflation zu erkennen sei schwierig, teilt die Verbraucherzentrale Bayern auf BR24-Nachfrage mit. Dazu müsste man alte und neue Zutatenliste nebeneinander legen können. Dazu kommt: Man muss sich lebensmittelrechtlich beziehungsweise ernährungswissenschaftlich gut auskennen. Orangennektar klingt für viele vermutlich besser als Orangensaft. Qualitativ ist es aber genau umgekehrt.

Hinweise wie "Neue Rezeptur" könnten ein Indiz für Skimpflation sein, so die Verbraucherzentrale Bayern. Manchmal griffen Hersteller sogar zu der Formulierung "Verbesserte Rezeptur", obwohl sich die Produktqualität verschlechtert habe.

Mehr Beschwerden zu "Shrinkflation" als zu "Skimpflation"

Nach Auskunft der Verbraucherzentrale Bayern gibt es viel mehr Beschwerden zu "Shrinkflation" als zu "Skimpflation". Das ähnlich klingende Phänomen ist abgeleitet von "shrink" (schrumpfen). Gemeint ist: Bei gleichen oder höheren Preisen enthält eine Packung kleinere Portionen.

Dass sich über Shrinkflation mehr Konsumenten beklagen, ist aus Sicht der bayerischen Verbraucherschützer nicht verwunderlich. Skimpflation sei schwerer zu erkennen. Die Dunkelziffer bei dieser Trickserei sei deshalb vermutlich hoch.

Verbraucherschutzgesetz wie in Frankreich gefordert

In Frankreich sind große und mittelgroße Supermärkte ab dem 1. Juli gesetzlich verpflichtet, mit Schildern auf Produkte hinzuweisen, deren Gewicht oder Volumen reduziert worden ist.

Die Verbraucherorganisation foodwatch und die Verbraucherzentrale Hamburg fordern so eine Kennzeichnungspflicht auch für Deutschland. Zwölf Monate lang sollte es demnach auf der Vorderseite der Verpackung einen entsprechenden Hinweis geben.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.